Definition und Zweck:
IEC 61499 ist eine internationale Norm der International Electrotechnical Commission (IEC), die ein Modell für die verteilte Automatisierung und Steuerung definiert. Im Gegensatz zur IEC 61131-3, die primär die Programmierung einzelner SPSen beschreibt, konzentriert sich IEC 61499 auf die Interoperabilität von Automatisierungskomponenten in vernetzten Systemen und die ereignisbasierte Ausführung.
Das Hauptziel der IEC 61499 ist es, die Entwicklung modularer, portabler und wiederverwendbarer Automatisierungssoftware zu ermöglichen, die hardwareunabhängig ist und in verteilten Architekturen flexibel eingesetzt werden kann. Sie ist ein Schlüsselstandard für die Umsetzung von Industrie 4.0- und Cyber-Physical Systems (CPS)-Konzepten.
Konzepte und Merkmale:
IEC 61499 basiert auf dem Konzept der Funktionsbausteine (Function Blocks), die jedoch erweiterte Eigenschaften im Vergleich zu IEC 61131-3 FBs aufweisen:
- Ereignisbasierte Ausführung: Funktionsbausteine werden nicht zyklisch, sondern nur dann ausgeführt, wenn ein bestimmtes Ereignis an ihren Eingängen auftritt. Dies ist effizienter und deterministischer für verteilte Systeme.
- Service Interface Function Blocks (SIFBs): Ermöglichen die standardisierte Kommunikation zwischen Bausteinen, auch über Netzwerkgrenzen hinweg.
- Geräte- und Ressourcemodelle: Die Norm definiert Modelle für die Beschreibung der Hardware (Geräte) und ihrer Ressourcen (z.B. CPUs, I/O-Module), auf die die Softwarebausteine abgebildet werden können.
- Portabilität: Anwendungen können von einer Hardware-Plattform auf eine andere portiert werden, wenn beide die IEC 61499-Runtime unterstützen.
- Dezentralisierung: Fördert die Implementierung von Logik direkt in dezentralen Feldgeräten oder Edge-Controllern.
- Objektorientierung: Unterstützt objektorientierte Prinzipien für den Entwurf modularer Systeme.
Relevanz in der Automatisierung:
IEC 61499 ist ein wichtiger Standard für die zukünftige Automatisierung, insbesondere bei der Gestaltung von:
- Software-Defined Automation: Trennung von Software und Hardware.
- Modulare Produktion: Aufbau von flexiblen Fertigungszellen und Linien.
- Cyber-Physical Systems (CPS): Integration von physischen und digitalen Komponenten.
- Industrial IoT (IIoT): Dezentrale Intelligenz und Kommunikation.
- Systemen, die hohe Anforderungen an die Flexibilität, Adaptivität und verteilte Intelligenz haben.
Obwohl die breite Adoption im Vergleich zur IEC 61131-3 noch im Aufbau ist, setzen einige Hersteller (z.B. Schneider Electric mit EcoStruxure Automation Expert) stark auf IEC 61499 als Basis für ihre zukünftigen Automatisierungsplattformen.
→ Siehe auch: EcoStruxure Automation Expert, Software-Defined Automation, Cyber-Physical Systems (CPS), Industrie 4.0, Ereignisgesteuerte Programmierung, IIoT (Industrial Internet of Things)
