Definition und Funktionsweise:
Eine elektronische Kurvenscheibe ist eine Funktion in modernen Motion-Control-Systemen, die eine hochpräzise und flexible Bewegungssynchronisation zwischen einer Master-Achse (Leitachse) und einer oder mehreren Slave-Achsen (Folgeachsen) ermöglicht. Sie ersetzt die starre Mechanik einer physischen Kurvenscheibe durch eine flexible, softwarebasierte Lösung.
Anstatt einer physischen Scheibe mit einer mechanisch gefrästen Kurve wird das Bewegungsprofil der Folgeachse als eine mathematische Funktion oder eine Nachschlagetabelle (Interpolationstabelle) definiert. Diese Tabelle ordnet jeder Position oder Zeit der Master-Achse eine bestimmte Position der Slave-Achse zu.
Wenn sich die Master-Achse bewegt, wird ihre aktuelle Position genutzt, um über die Kurvenscheibenfunktion die entsprechende Sollposition für die Slave-Achse zu berechnen. Der Servoantrieb der Slave-Achse folgt dann dieser vorgegebenen Trajektorie.
Vorteile gegenüber mechanischen Kurvenscheiben:
- Hohe Flexibilität: Das Bewegungsprofil kann jederzeit per Software geändert oder angepasst werden, ohne mechanischen Umbau. Ideal für Formatwechsel oder neue Produkte.
- Schnelle Profiländerungen: Die Anpassung der Kurvenscheibe erfolgt in Sekunden oder Millisekunden.
- Präzision und Dynamik: Ermöglicht hochpräzise und ruckfreie Bewegungsabläufe auch bei hohen Geschwindigkeiten.
- Geringerer Verschleiß: Keine mechanische Reibung oder Abnutzung wie bei physischen Kurvenscheiben.
- Platzersparnis: Benötigt keinen physischen Bauraum.
- Diagnose: Einfachere Überwachung und Diagnose im Vergleich zu mechanischen Systemen.
Anwendungsbereiche in der Automatisierung:
Elektronische Kurvenscheiben sind unverzichtbar in Maschinen, die komplexe und präzise synchronisierte Bewegungen erfordern:
- Verpackungsmaschinen: Für das synchronisierte Greifen, Füllen und Verschließen von Verpackungen.
- Druckmaschinen: Für die genaue Registerhaltung von Farben und Papierzuführung.
- Textilmaschinen: Für das Aufwickeln oder Weben.
- Werkzeugmaschinen: Für die Koordination von Werkzeugen und Werkstücken.
- Montageautomaten: Für die synchrone Bewegung von Bauteilen und Montagewerkzeugen.
Sie sind ein Schlüsselmerkmal moderner Motion-Control-Systeme und tragen maßgeblich zur Leistungsfähigkeit und Flexibilität von Hochleistungsmaschinen bei.
→ Siehe auch: Motion Control, Servomotor, Elektronisches Getriebe, Synchronisation, Bahnplanung

