Definition und Struktur:
Die Automatisierungshierarchie ist ein strukturelles Modell, das die verschiedenen Ebenen und Aufgaben in einem industriellen Automatisierungssystem beschreibt. Sie dient dazu, die Komplexität großer Anlagen und Prozesse zu gliedern, den Datenfluss zu definieren und die Verantwortlichkeiten der einzelnen Systeme klar abzugrenzen. Das bekannteste Modell ist das „klassische“ 5-Ebenen-Modell, das oft mit dem Standard ISA-95 (Enterprise-Control System Integration) in Verbindung gebracht wird.
Die Hierarchie ist von unten nach oben aufgebaut, wobei jede höhere Ebene übergeordnete Aufgaben übernimmt und mit den darunterliegenden Ebenen kommuniziert:
- Ebene 0: Feld-Ebene (Sensoren & Aktoren):
- Die unterste Ebene, die direkt mit dem physikalischen Prozess interagiert.
- Umfasst Sensoren (erfassen physikalische Größen) und Aktoren (führen Befehle aus, z.B. Motoren, Ventile).
- Beispiel: Temperatursensor, Lichtschranke, Elektromotor, Ventil.
- Ebene 1: Steuerungs-Ebene (Control Level):
- Steuert die Feldgeräte direkt und führt die primären Automatisierungsfunktionen aus.
- Umfasst SPS (Speicherprogrammierbare Steuerungen), IPC (Industrie-PCs) oder Robotersteuerungen.
- Aufgaben: Regelung einzelner Maschinen oder Prozesssegmente, sequenzielle Steuerungen.
- Ebene 2: Leit-Ebene (Supervisory Control Level):
- Überwacht und steuert mehrere Steuerungen und visualisiert den Prozess für den Bediener.
- Umfasst HMI (Human Machine Interface) und SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) Systeme.
- Aufgaben: Prozessvisualisierung, Alarmmanagement, Trendaufzeichnung, Rezepturverwaltung.
- Ebene 3: Betriebsleit-Ebene (Manufacturing Operations Management, MOM / MES):
- Verwaltet und optimiert die Produktionsabläufe auf Ebene der Fertigungsstätte.
- Umfasst MES (Manufacturing Execution Systems) oder MOMS (Manufacturing Operations Management Systems).
- Aufgaben: Produktionsplanung, Auftragsverwaltung, Qualitätsmanagement, Betriebsdatenerfassung (BDE), Maschinendatenerfassung (MDE), Feinplanung.
- Ebene 4: Unternehmensleit-Ebene (Enterprise Resource Planning, ERP):
- Umfasst die übergeordneten Geschäftsverwaltungssysteme des Unternehmens.
- Umfasst ERP (Enterprise Resource Planning) Systeme.
- Aufgaben: Finanzbuchhaltung, Personalwesen, Vertrieb, Beschaffung, strategische Planung.
Bedeutung und Wandel durch Industrie 4.0:
Die Automatisierungshierarchie bietet einen klaren Rahmen für das Design und die Integration von Automatisierungssystemen. Sie hilft, den Informationsfluss von der Feldebene bis zur Unternehmensebene zu verstehen.
Mit Industrie 4.0 und dem Industrial Internet of Things (IIoT) verschwimmen die Grenzen zwischen diesen Ebenen zunehmend. Daten können direkt von der Feldebene in die Cloud gelangen („Horizontal Integration“), und Entscheidungen können dezentraler getroffen werden. Die klassische Pyramide wird flexibler und vernetzter, was die Entwicklung hin zu einer „Connected Enterprise“ widerspiegelt.
→ Siehe auch: SPS, HMI (Human Machine Interface), SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition), MES (Manufacturing Execution System), ERP (Enterprise Resource Planning), Industrie 4.0

