Definition und Bedeutung:
Das Abtasttheorem, auch als Nyquist-Shannon-Abtasttheorem bekannt, ist eine fundamentale Regel in der digitalen Signalverarbeitung. Es definiert die Mindestanforderung an die Abtastfrequenz, um ein kontinuierliches, analoges Signal (z.B. ein Messwert von einem Sensor) in ein diskretes digitales Signal umwandeln zu können, ohne dass dabei Informationen verloren gehen. Der Kern des Theorems besagt, dass die Abtastfrequenz (Sampling-Rate) mindestens doppelt so hoch sein muss wie die höchste Frequenzkomponente im abzutastenden Originalsignal.
Mathematisch ausgedrückt: $f_{abtast} ge 2 cdot f_{max}$, wobei $f_{abtast}$ die Abtastfrequenz und $f_{max}$ die höchste Frequenzkomponente des Signals ist. Der Wert $2 cdot f_{max}$ wird auch als Nyquist-Frequenz bezeichnet.
Wird diese Bedingung nicht erfüllt, tritt der sogenannte Aliasing-Effekt auf. Dabei werden höhere Frequenzanteile des Signals „gefaltet“ und als niedrigere Frequenzen interpretiert, was zu einer irreversiblen Verfälschung des digitalen Signals führt und eine korrekte Rekonstruktion des Originals unmöglich macht. Um Aliasing zu verhindern, wird vor der Digitalisierung oft ein analoger Tiefpassfilter (Anti-Aliasing-Filter) eingesetzt, der Frequenzanteile oberhalb der halben Abtastfrequenz herausfiltert.
Relevanz in der Automatisierungstechnik:
In der Automatisierungstechnik ist die Einhaltung des Abtasttheorems von entscheidender Bedeutung für die Qualität und Zuverlässigkeit der Signalverarbeitung, insbesondere bei der Erfassung analoger Prozesswerte und in der Regelungstechnik:
- Messwerterfassung: Bei der Digitalisierung von Sensorwerten (z.B. Temperatur, Druck, Durchfluss) muss sichergestellt sein, dass die Dynamik des physikalischen Prozesses durch die gewählte Abtastrate der Analogeingänge vollständig erfasst wird. Eine zu geringe Abtastrate kann zu falschen Messwerten und damit zu Fehlentscheidungen in der Steuerung führen.
- Regelungstechnik: Die Abtastrate beeinflusst direkt die Regelgüte und Stabilität von Regelkreisen. Eine ausreichend schnelle Abtastung ist notwendig, um die Dynamik der Regelstrecke korrekt zu erfassen und den Regler schnell und präzise reagieren zu lassen. Zu langsame Abtastzeiten können zu Schwingungen, Instabilität oder ungenauem Regelverhalten führen.
- Digitale Signalverarbeitung: Ob in der SPS, in Motion-Controllern oder in Vision-Systemen – überall dort, wo kontinuierliche Signale digital verarbeitet werden, bildet das Abtasttheorem die theoretische Grundlage für die korrekte und verlustfreie Umwandlung und Analyse von Daten.
Die Auswahl der richtigen Abtastzeit und die Berücksichtigung des Abtasttheorems sind somit grundlegende Aspekte beim Design und der Implementierung von Automatisierungssystemen, um die Integrität der Prozessdaten und die Funktionalität der Steuerung zu gewährleisten.
→ Siehe auch: Abtastzeit, Analogeingang, Regelstrecke, Digitaleingang, Analogwert

